Gestaltung von Webseiten nach dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG)

Das Barrierefreiheitsgesetz (BFG) zielt darauf ab, sicherzustellen, dass digitale Inhalte und Dienstleistungen für alle Menschen zugänglich und nutzbar sind, unabhängig von ihren Fähigkeiten oder Einschränkungen. Die wichtigsten Anforderungen und bewährten Verfahren zur Gestaltung barrierefreier Webseiten.
Grundprinzipien der Barrierefreiheit
Barrierefreiheit bedeutet, dass Webseiten so gestaltet werden, dass sie für alle Menschen zugänglich sind, einschließlich Personen mit Behinderungen. Die vier Grundprinzipien der Barrierefreiheit sind:
- Wahrnehmbarkeit:
Inhalte müssen den Nutzern so präsentiert werden, dass sie die Informationen unabhängig von ihrer Behinderung wahrnehmen können (Beispiel: Farben müssen einen ausreichend hohen Kontrast aufweisen). - Bedienbarkeit:
Die Benutzeroberfläche und die Navigation müssen so gestaltet sein, dass sie von allen Nutzern, auch von Menschen mit motorischen Einschränkungen, bedient werden können. - Verständlichkeit:
Die Informationen und die Bedienung der Webseite müssen verständlich und nachvollziehbar sein (Stichwort: einfache Sprache). - Robustheit:
Inhalte müssen robust genug sein, um von einer Vielzahl von Benutzeragenten, einschließlich assistiver Technologien, interpretiert zu werden (z. B. Screenreader).
Ab wann gilt die Regelung?
Die Regelung des Barrierefreiheitsgesetzes gilt ab dem 29. Juni 2025. Ab diesem Datum müssen alle neuen Webseiten und digitalen Inhalte den Anforderungen der Barrierefreiheit entsprechen. Für bestehende Webseiten und digitale Angebote gibt es eine Übergangsfrist, die es den Betreibern ermöglicht, die notwendigen Anpassungen vorzunehmen und die Barrierefreiheit schrittweise zu verbessern.
Für wen gilt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz?
Das Barrierefreiheitsgesetz gilt für alle öffentlichen und privaten Webseitenbetreiber, die digitale Inhalte und Dienstleistungen bereitstellen. Dazu gehören unter anderem:
- Öffentliche Einrichtungen wie Behörden, Schulen und Universitäten
- Unternehmen, die Produkte und Dienstleistungen online anbieten
- Non-Profit-Organisationen und Wohltätigkeitsorganisationen
- Medienhäuser und Anbieter von Online-Inhalten
Webseitenbetreiber sind verpflichtet, die Barrierefreiheit ihrer digitalen Angebote sicherzustellen und regelmäßige Überprüfungen und Anpassungen vorzunehmen, um den sich ändernden Anforderungen und Technologien gerecht zu werden. Dies trägt dazu bei, die digitale Teilhabe aller Menschen zu fördern und ihnen einen gleichberechtigten Zugang zu Informationen und Dienstleistungen zu ermöglichen.
Häufige Fragen / Besonderheiten
Websites / Blogs ohne Bestellfunktion
Websites ohne Bestellfunktion sind vom BFSG nicht erfasst, wenn Sie ausschließlich der Präsentation oder der Darstellung der Leistungen dienen. Das Entscheidungsmerkmal für die Pflicht ist die direkte Erwerbsmöglichkeit von Waren oder Dienstleistungen bzw. das Ziel eines Abschlusses eines Vertrages – sprich z. B. eine elektronische Bestellfunktion.
Wenn einen Terminbuchung möglich ist
Können Nutzer über eine entsprechende Funktionalität Termine ohne Zahlungspflicht reservieren, dann sind das konkrete Terminvereinbarungs-Interface und der Buchungsprozess zwingend barrierefrei zu gestalten – auch wenn die Zahlung erst später bei oder nach Terminantritt erfolgt. Die reinen redaktionellen Bereiche der Webseite, welche sich mit der Vorstellung des Unternehmens oder der Leistungen beschäftigen, müssen nicht barrierefrei sein – die Terminvereinbarung bzw. die Buchung ist zwingend barrierefrei zu gestalten.
Versand von Newslettern / Marketing-Emails
Mit Hilfe von E-Mail-Newslettern werden in der Regel Angebote versendet. Durch die E-Mail selbst ist keine direkte Bestellung / Buchung möglich, sondern es wird über Links auf eine entsprechende Oberfläche weitergeleitet. Da die E-Mail selbst als abgeschlossene Einheit betrachtet wird, so ist daher keine Barrierefreiheit notwendig.
Support-Bereich / Helpcenter
Sie müssen nicht barrierefrei sein, da sie nicht auf den Abschluss von Verbraucherverträgen abzielen.
Cookie-Consent-Tools
Der Zweck eines Cookie-Constent-Tools ist das Cookie-Einwilligungsmanagent. Es dient der Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen zur Nutzung von Cookies und nicht der Erzielung von Verkäufen. Daher müssen sie müssen nicht barrierefrei gestaltet werden.
Gibt es Ausnahmen beim Barrierefreiheitsstärkungsgesetz?
Ja, es gibt bestimmte Ausnahmen, bei denen das Barrierefreiheitsgesetz nicht vollständig angewendet werden muss. Dazu gehören zum Beispiel:
- Webseiten und Inhalte von kleinen Unternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von weniger als 2 Millionen Euro.
- Archivierte Inhalte, die vor dem 23. September 2019 veröffentlicht wurden und nicht für aktuelle Verwaltungsverfahren notwendig sind.
- Live-Streaming-Inhalte, die nicht länger als 14 Tage nach der Ausstrahlung öffentlich zugänglich sind.
- Dokumente, die vor dem 23. September 2018 veröffentlicht wurden und nicht für aktive Verwaltungsverfahren erforderlich sind.
- Externe Inhalte, die von Dritten auf die Webseite hochgeladen wurden und nicht von der betreffenden Organisation finanziert oder entwickelt wurden.
Allerdings gelten auch für diese Ausnahmen bestimmte Bedingungen und es wird empfohlen, so viele Barrierefreiheitsmaßnahmen wie möglich umzusetzen, um die digitale Zugänglichkeit zu verbessern – auch, wenn Sie unter die Ausnahmen fallen.
Die Barrierefreiheit nimmt Einfluss auf Ihr Ranking in den Suchergebnissen. Je besser Ihr Angebot von Usern genutzt werden kann, desto besser ist die Nutzerfreundlichkeit – und diese beeinflusst Ihr Ranking.
Wichtige Anforderungen an Ihre Webseite
Um den Anforderungen des Barrierefreiheitsgesetzes gerecht zu werden, sollten Webseiten folgende Kriterien erfüllen:
1. Textalternativen
Alle nicht-textlichen Inhalte wie Bilder, Videos und Audios müssen Textalternativen haben. Zum Beispiel sollten Bilder ein alt-Attribut haben, das ihren Inhalt oder ihre Funktion beschreibt.
2. Tastaturzugänglichkeit
Die Webseite muss vollständig per Tastatur bedienbar sein. Alle interaktiven Elemente wie Links, Buttons und Formulare müssen per Tabulator erreichbar sein.
3. Farbkontraste
Um für Menschen mit Sehbehinderungen lesbar zu sein, sollte der Kontrast zwischen Text und Hintergrund mindestens 4,5:1 betragen.
4. Struktur und Navigation
Webseiten brauchen eine klare Struktur mit Überschriften und Listen für bessere Navigation und Verständlichkeit.
5. Skalierbarkeit
Webseiten brauchen eine klare Struktur mit Überschriften und Listen für bessere Navigation und Verständlichkeit.
6. Nutzung von ARIA
ARIA-Attribute verbessern die Barrierefreiheit von dynamischen Inhalten und interaktiven Elementen, indem sie assistive Technologien unterstützen.
7. Medienunterstützung - Videos & Audio
Videos brauchen Untertitel und Audiodeskriptionen für Barrierefreiheit. Audioinhalte sollten Transkriptionen haben.
Praktische Tipps zur Umsetzung
- Regelmäßige Tests:
Nutzen Sie automatische und manuelle Tests, um die Barrierefreiheit Ihrer Webseite zu überprüfen. Viele Browser helfen hierbei (z. B. Firefox > weitere Werkzeuge > Werkzeuge für Webentwickler > Barrierefreiheit > hier können verschiedene Probleme simuliert und ausgewertet werden)
- Feedback:
Holen Sie regelmäßig Feedback von verschiedenen Nutzern, einschließlich Menschen mit Behinderungen, ein, um die Benutzerfreundlichkeit zu verbessern.
- Barrierefreiheitsschulung:
Schulen Sie Ihre Mitarbeiter in Barrierefreiheit und sensibilisieren Sie sie für die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen.
- Barrierefreiheitsrichtlinien befolgen:
Halten Sie sich an WCAG und das Barrierefreiheitsgesetz.
Auch Formulare müssen barrierefrei sein
Formulare ermöglichen die Interaktion mit Ihrer Website oder App. Bekannte Beispiele sind Kontaktformulare, Sternebewertungen, Warenkörbe und Bezahlvorgänge. Nur barrierefreie Formulare sichern den Zugang für alle Kundinnen und Kunden.
Wie können Sie schnell testen, ob Ihr Formular barrierefrei ist?
Klicken Sie in Ihrem Formular auf die Beschriftung eines Eingabefeldes (z. B. „Vorname“). Springt der Mauszeiger ins Feld, ist es korrekt verknüpft und das Formular barrierefrei.
Was droht bei einem Verstoß?
Vertriebsverbote sowie Abmahnung und / oder Bußgeld bis zu 100.000 Euro.
Fazit
Die Gestaltung barrierefreier Webseiten ist nicht nur eine gesetzliche Verpflichtung, sondern auch eine ethische Verantwortung. Durch die Umsetzung der oben genannten Anforderungen und bewährten Verfahren können Sie sicherstellen, dass Ihre digitalen Inhalte und Dienstleistungen für alle Menschen zugänglich sind. Dies fördert nicht nur die Inklusion, sondern verbessert auch die Benutzerfreundlichkeit insgesamt. Und je benutzerfreundlicher Ihre Webseite, desto eher werden Patienten Ihrer Information vertrauen.
Sprechen Sie mit Ihrem Verantwortlichen über die Umsetzung der einzelnen Richtlinien!
Hilfreiche Webseiten:
Tools zum Testen Ihrer Webseite:
- https://contrastchecker.com/ (Test Farbkontraste)
- https://wave.webaim.org/ (Test Screenreaderkompatibilität)
- https://languagetool.org/de (Test für verständliche Sprache)
Chrome-Browser:
Oben rechts “3 Punkte” > Weitere Tools > Entwicklertools > Lighthouse > Analyse page load > Accessibility