Gendern & Suchmaschinenoptimierung -
beeinflusst Geschlecht SEO & SEA?
Wirkt sich gendern auf Suchmaschinenoptimierung aus? Und wenn ja, welche Auswirkungen hat Gendering auf SEO? Wir wollen Ihnen einen aktuellen Überblick geben.
- Grundsätzliche Überlegungen
- Grammatik & Sprachgebrauch
- Suffix in der linguistischen Morphologie & Nachsilben
- Was sagt die offizielle Grammatik?
- Gibt es weitere Besonderheiten in der Deutschen Sprache?
- Was ist Gendering?
- Welche Anforderungen und welche Bedeutung hat Gendering?
- Welche möglichen gendergerechten Schreibweisen gibt es?
- Was bedeuten die unterschiedlichen Schreibweisen für Suchmaschinen?
- Mit Hilfe von Umformulierungen gendergerecht informieren
- Auswirkungen in den Suchanfragen / Keywords
- GENDERN – JA ODER NEIN?
- Beispiele von Google-Suchen
- Fazit und Ausblick
VORBEMERKUNG
Die folgende Ausarbeitung soll ausschließlich die Auswirkungen der genderneutralen Sprache und die unterschiedlichen Schreibweisen auf die Sichtbarkeit in den Suchergebnissen beleuchten.
Grundsätzliche Überlegungen
Suchmaschinen nutzen unsere offiziellen Grammatik-Regeln.
Zudem wird unsere Linguistik immer mehr und besser verstanden – aber eben noch nicht komplett
Gibt es Unterschiede in der Grammatik bzw. im Sprachgebrauch?
Bevor wir die Suchmaschinen beleuchten, wollen wir einen kurzen Überblick über die Anforderungen bzw. Differenzierungen in der Grammatik und dem allgemeinen Sprachgebrauch geben. Diese zeigen relativ deutlich, dass genderneutrale Schreibweisen Stand September 2021 für Suchmaschinen ziemlich große Herausforderungen darstellen.
Ist es “männlich” wenn der Artikel “der” heißt?
Nicht immer stimmt das tatsächliche Geschlecht mit dem Artikel überein. Nehmen wir zum Beispiel die Flüssenamen:
- Die Donau
- Die Havel
- Die Spree
- Die Isar
- Die Saale
- Der Rhein
- Der Main
Nicht immer bestimmt der Artikel das Geschlecht.
Suffix in der linguistischen Morphologie & Nachsilben
Affix = unselbständiges Wortbestandteil
Viele unselbständige Wortbestandteile oder Nachsilben nehmen Einfluss darauf, was welches Geschlecht wir geistig bevorzugen oder im Kontext verstehen.
Beispiele:
- –er (männlich – Beispiel Maler, Bäcker, etc.)
- -in (weiblich – Beispiele Lehrerin, Müllerin, etc.)
- –sch oder –sche (oft regional bezogen wie z. B. deutsch, deutsche)
Häufigste deutsche Endungen / Suffixe:
- -arm
- -bold
- -chen
- -de
- -e
- -(er/ el)
- -ei
- –el
- -er
- -haft
- –heit
- –keit
- –icht
- –ian/ jan
- -i
- -in
- –ismus
- -leer
- -lein
- –ler
- –ling
- -los
- –ner
- –nis
- -reich
- –rich
- -s
- –sal
- –schaft
- –sel
- -t
- –tel
- –tum
- –ung
- -voll
Beispiel, wie die Endung unsere Wahrnehmung beeinflusst:
Wer ist der bekannteste Schauspieler? Die Antwort wird in den häufigsten Fällen ein männlicher Schauspieler sein.
Was sagt die offizielle Grammatik? DIE GENUS-FORM
- Das grammatische Geschlecht ist die Klassifikation von Substantiven (Haupt-, Ding-, Gegenstands- oder Namenwort)
- In der deutschen Sprache entspricht das verwendete Genus teilweise dem Sexus (die Frau – der Mann) – aber nicht immer
Personenbezeichnungen | Genus Maskulinum | Genus Femininum | Genus Neutrum |
---|---|---|---|
Sexus unbestimmt | der Arzt | die Geisel | das Datum |
der Gast | die Gestalt | das Kind | |
der Sturm | die Schönheit | das Mädchen | |
der Teppich | die Freundschaft | das Tier |
Gibt es weitere Besonderheiten in der Deutschen Sprache?
Substantive werden im Plural immer „feminin“
- der Anwalt – die Anwälte
- der Kunde – die Kunden
- der Gast – die Gäste
Das grammatische Geschlecht kann wechseln
Je nach Situation kann das Geschlecht wechseln. Hier ein Beispiel, welches dies verdeutlicht:
Kind: Frau Lehrerin, ich muss auf der Toilette.
Lehrerin: Das heißt „die Toilette“. Kind entschwindet und kommt wieder.
Lehrerin: Wo warst Du so lange?
Kind: Ich war auf die Toilette.
Lehrerin: Das heißt „der Toilette“.
Allein diese grammatikalischen Grundlagen und der offizielle Sprachgebrauch macht die Deutsche Sprache schon relativ komplex. Suchmaschinen sind Volltextmaschinen, welche nach gewissen Regeln Ergebnisse auswerfen.
Was ist Gendering?
- Gendern oder Gendering stammt aus dem Englischen und bedeutet „soziales Geschlecht“. Gemeint ist „die Nutzung sogenannter gendergerechter Sprache“
- Die Besonderheit bei inklusiver Sprache ist, das neben weiblichen und männlichen Personen auch nichtbinäre Personen einbezogen sind
- Diese inklusive Sprache wird aktuell diskutiert, ist aber nicht neu – bereits 1980 wurden die „Richtlinien zur Vermeidung sexistischen Sprachgebrauchs“ der Deutschen Gesellschaft für Sprachwissenschaft (Universität Regensburg, Universität Passau) veröffentlicht. 1979 wurde in der UN-Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskrimminierung der Frau beschlossen.
„Man kommt nicht als Frau zur Welt, man wird es.“
Simone de Beauvoir – 1949; franz. Philosophin und Schriftstellerin
Was ist generisches Maskulinum?
Vom generischen Maskulinum wird dann gesprochen, wenn bei Personen- oder Berufsbezeichnungen die männliche Form genannt wird:
- Der Anwalt berät Mandaten (aber auch Anwältinnen und Mandantinnen)
- Jeder, der an diesem Kurs teilnimmt kann etwas lernen. (jede und jeder)
- Viele Löwen leben in Savannen. (sowohl männliche Löwen als auch weibliche Löwinnen)
Welche Anforderungen und welche Bedeutung haben die oberen Punkte?
- Viele verwechseln die Empfehlungen aus dem Jahre 1980 mit emotionalen Empfindungen
- Die allgemeine Diskussion ist oft abweichend vom eigenlichen Thema
- Legt man rein die grammatikalischen Regeln zu Grunde, so können viele Bezeichnungen binär nicht entschlüsselt werden
- Es muss aus SEO-Sicht sehr stark zwischen der allgemeinen Diskussion und dem technisch sinnvollen differenziert werden
Welche möglichen gendergerechten Schreibweisen gibt es?
Doppelpunkt: | Lehrer:in |
Nennung beider Geschlechter: | Lehrerinnen und Lehrer |
Schrägstrich im Singular mit femininer Endung: | Lehrer/in |
Schrägstrich + Bindestrich, meist im Plural: | Lehrer/-innen |
Klammerschreibweise: | Lehrer(in) |
Gender-Gap und Binnen-I: | Lehrer _innen, LehrerInnen |
mit Gendersternchen: | Lehrer*innen |
Generisches Femininum: | Lehrerinnen |
Partizip Präsens umgeht die Zuordnung: | Lehrende |
Was bedeuten die unterschiedlichen Schreibweisen für Suchmaschinen?
- Für die Suchmaschinenoptimierung ist die Schreibweise von besonderer Bedeutung, da Suchmaschinen wie Google nach wie vor Volltextsuchmaschinen sind!
- Es kann also durchaus problematisch sein, wenn die Schreibweise auf einer Webseite geändert wird. Google deutet geänderte Schreibweisen eventuell anders, als der Verfasser meint.
Aktuell kann die falsche Nutzung der genderneutralen Schreibweise zum Verlust der Sichtbarkeit bzw. des Rankings führen, da Suchmaschinen nicht alle unterschiedlichen Schreibweisen identifizieren und interpretieren können!
Mit Hilfe von Umformulierungen gendergerecht informieren
Um Personenbezeichnungen weder feminin noch maskulin zu nutzen, sind Umformulierungen denkbar und oftmals sinnvoll:
- Als Arzt tätig sein – ärztlich tätig sein
- Verfasser/Herausgeber – Herausgegeben von
- Raucher haben eine kürzere Lebenserwartung – wer raucht, hat eine kürzere Lebenserwartung
- Schülerinnen und Schüler – Bürgerinnen und Bürger
- Die Feuerwehrleute – Die Pflegekräfte
- Zahnarztpraxis – Praxis für Zahnheilkunde
Auswirkungen in den Suchanfragen / Keywords
Je nachdem, wie Google die Schreibweise auf Ihrer Webseite interpretiert, so kann sich Ihr mögliches Ergebnis extrem ändern:
Suchbegriff | monatliches Suchvolumen |
---|---|
Facharzt | 6836 |
Fachärztin | 2308 |
Fachärzt*in | 0 |
GENDERN – JA ODER NEIN?
- Grundsätzlich gilt: Wenn die „Corporate Communication“ des Unternehmens gendern vorsieht, sollte sich SEO unterordnen. Bleiben Sie sich selbst treu!
- Ob gegendert wird oder nicht hängt von einer Vielzahl an Faktoren ab: Suchintention – Suchumfeld – Suchergebnisse – wird gesucht oder angeboten – gibt es spezielle Keywords innerhalb der Zielgruppe?
- Sichtbarmachung – Anstelle von „200 Lehrer trafen sich zu Gesprächen“ besser „200 Lehrerinnen und Lehrer trafen sich zu Gesprächen“
- Wenn gendern, dann alternative Schreibweisen anwenden (nicht nur eine und solange, bis sich eine Schreibweise offiziell durchsetzt): Binnen-I, Gender Gap, Genderstern und andere
- Die Neutralisierung:
Anstatt: Studentinnen und Studenten – Studierende
Statt: Lehrerinnen und Lehrer – Lehrende
Statt „Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ lieber „erhalten Sie ärztlichen oder pharmazeutischen Rat.“
Man muss im Einzelfall überlegen, ob eine Änderung des Textes die Intention des Suchenenden berücksichtigt!
Beispiele von Google-Suchen
Suchergebnisse mit Genderstern
fachärzt*in
- Wird von Google aktuell umgewandelt zur weiblichen Form
- Männliche Form des Suchbegriffes bleibt unberücksichtigt (hier sollten Sie prüfen, für welche Form das jeweilige Suchvolumen vorhanden ist)
- Im local-SEO-Bereich werden nur weibliche Ergebnisse angezeigt (wichtig für Google my Business)
Beachten Sie, dass jede Änderung auch Änderung bei Ihrer Sichtbarkeit betreffen kann
Gerade im Your-Money-Your-Life-Bereich (z. B. Medizin, Finanzen, etc.) müssen Änderungen mit Bedacht vorgenommen werden, da es eventuell zu Rankingverlusten kommen kann. Wenn Sie Ihre Text clever überarbeiten, so können Sie auch an Sichtbarkeit gewinnen!
Fazit und Ausblick
- Google und Co. haben noch Schwierigkeiten bei der Interpretation der Suchanfragen.
- Aktuell wird überwiegend nach der männlichen Variante gesucht, was Suchmaschinen Stand heute auch entsprechend berücksichtigen (Grafikdesigner vs. Grafikdesignerin)
- Es muss auch berücksichtigt werden, dass Google & Co. je nach Suchbegriff auch unterschiedliche Suchintentionen berücksichtigt (sehr intensiv im Bereich Mode werden andere Ergebnisse bei Frauen als bei Männer ausgespielt)
- Gendergerechte Sprache ist mehr als die Unterscheidung in männlich und weiblich
- Inklusive Sprache zeichnet sich unter Umständen nicht „nur“ dadurch aus, dass ein (m/w/d) angefügt wird
- Bei der Umstellung auf geschlechtergerechte Sprache kann es dazu kommen, das Rankings verloren gehen
- Je nach Suchbegriff und Suchintention werden aktuell alle Varianten eingesetzt
- Google selber weiß noch nicht genau, welche Auswirkungen die Änderungen haben
- Googles Algorithmen lernen dazu und werden die gleichzeitige Verwendung der unterschiedlichen Formen immer besser interpretieren und verstehen lernen – behalten Sie daher Ihre Sichtbarkeit im Auge!
- Gendern im SEO ist eine Herausforderung! Aber es ist machbar und mit Sicherheit lohnenswert – oft kann mit der Änderung auch eine Aussage präzisiert werden